Mittwoch, 22. April 2015

Glückliche Tage

FEST. Das liebende Subjekt erlebt jede Begegnung mit dem geliebten Wesen als Fest.

1. Das Fest - das, was erwartet wird. Was ich von der versprochenen Präsenz erwarte, ist eine unerhörte Summierung von Wonnen, ein Gelage; ich jubele wie das Kind, das sich des Wesens zu sehen freut, dessen bloße Gegenwart eine Fülle von Befriedigungen verheißt und bedeutet; ich werde, für mich ganz allein, die >>Quelle alles Guten<< vor mir haben.

Werther: "Ich lebe so glückliche Tage, wie sie Gott seinen Heiligen aufspart; und mit mir mag werden was will, so darf ich nicht sagen, dass ich die Freuden, die reinsten Freuden des Lebens nicht genossen habe."

2. "Diese Nacht! ich zittere es zu sagen, hielt ich sie in meinen Armen, fest an meinen Busen gedrückt, und deckte ihren liebelispelnden Mund mit unendlichen Küssen; mein Auge schwamm in der Trunkenheit des ihrigen! Gott! bin ich strafbar, dass ich auch jetzt noch eine Seligkeit fühle, mir diese glühenden Freuden mit voller Innigkeit zurückzurufen?" Werther

Das Fest ist für den Liebenden, den Träumer ein Jubel, kein Zerspringen; ich genieße das Festessen, die Unterhaltung, die Zärtlichkeit, die sichere Verheißung von Lust: "eine Kunst des Lebens über dem Abgrund".

(Bedeutet Ihnen das denn nichts, jemandes Fest zu sein?)

    r. barthes


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen