Dienstag, 22. Juli 2014

self knowledge

Um sich selbst zu kennen, müsste man das gesamte Universum verstehen.
[...] Je mehr man nach diesem Ich, dem einfachen, wesentlichen Selbst sucht, um so mehr entzieht es sich als unabhängige Einheit und wird zu einem Spiegel, der die Welt reflektiert.

briggs & peat

Samstag, 19. Juli 2014

RUMI

Ich versuchte, ihn zu finden am Kreuz der Christen, aber er war nicht dort. Ich ging zu den Tempeln der Hindus und zu den alten Pagoden, aber ich konnte nirgendwo eine Spur von ihm finden. Ich suchte ihn in den Bergen und Tälern, aber weder in der Höhe noch in der Tiefe sah ich mich imstande, ihn zu finden. Ich ging zur Kaaba in Mekka, aber dort war er auch nicht. Ich befragte die Gelehrten und Philosophen, aber er war jenseits ihres Verstehens. Ich prüfte mein Herz, und dort verweilte er, als ich ihn sah. Er ist nirgends sonst zu finden.

Dschelal ed-Din Rumi (1207 - 1273), auch Mevlana Dschelaluddin Rumi, persischer Mystiker und Dichter

Emerson ~ poem

Donnerstag, 17. Juli 2014

Eva Luna 1

"...meine Mutter kam Gott näher, denn sie stellte sich vor, wie er auf seinem himmlischen Thron saß und die Menschheit sanft zum besten hielt, und sie dachte, er müsse doch ein ganz anderer sein als der furchteinflößende Patriarch aus den Religionsbüchern. Vielleicht offenbarte sich sein Sinn für Humor darin, uns in ständiger Verwirrung zu halten, ohne uns jemals seine Pläne und Absichten zu enthüllen."

"Eva Luna", Isabel Allende

Sonntag, 13. Juli 2014

Goethe "An die Günstigen"

Dichter lieben nicht zu schweigen,
Wollen sich der Menge zeigen.
Lob und Tadel muß ja sein!
Niemand beichtet gern in Prosa,
Doch vertraun wir oft sub Rosa
In den Musen stillem Hain.

Was ich irrte, was ich strebte,
Was ich litt und was ich lebte,
Sind hier Blumen nur im Strauß.
Und das Alter wie die Jugend,
Und der Fehler wie die Tugend
Nimmt sich gut in Liedern aus.

social dynamics

[...] Er kam zu der Erkenntnis, dass die Macht in seinem Land - wie, kann getrost hinzugefügt werden, in vielen mächtigen Organisationen und Systemen der Welt auch - nicht durch eine traditionelle Führungshierarchie aufrechterhalten wurde, sondern durch das aktive und geheime Einverständnis derjenigen in der Gesellschaft, die am wenigsten Macht besaßen und deren Handlungen sich innerhalb gewisser "Automatismen" vollzogen.
Als Beispiel führt er einen Gemüsehändler an, der in seiner Auslage ein Spruchband ausstellt, "Arbeiter aller Länder, vereinigt euch". Das Schild wurde mitsamt den Zwiebeln und Möhren vom Staatsbetrieb geliefert. Allerdings setzt der Händler das Schild nicht deswegen ins Schaufenster, weil es ihm wirklich ein Bedürfnis ist, der Öffentlichkeit seine Ideale mitzuteilen. Havel interpretiert die wahre Botschaft des Gemüsehändlers folgendermaßen: "Ich der Gemüsehändler XY, bin hier und weiß, was ich zu tun habe; ich benehme mich so, wie man es von mir erwartet: auf mich ist Verlass, und man kann mir nichts vorwerfen, ich bin gehorsam und habe deshalb das Recht auf ein ruhiges Leben."
Das Schild verkündet also, dass sich der Händler der inneren Dynamik eines Systems, das darauf angewiesen ist, dass alle mitspielen, unterwirft. Seine Tat ist eine von Hunderttausenden, die das System stabilisieren und dafür sorgen, dass die einzelnen Bürger der Parteilinie folgen.
Auch wenn man glaubt, in einer freien und demokratischen Gesellschaft zu leben, hat jeder aus erster Hand diese von Havel beschriebenen Automatismen erfahren. [...]

[...] Oder man hat sich gegen das System erhoben, nur um dann festzustellen, dass man von den anderen Machtlosen, die ebenfalls ihr Schild im Fenster ausstellen, aufgerieben wurde.

Fordert man das System offen heraus, erfährt man, dass nicht die angeblichen Machthaber, sondern ganz gewöhnliche Individuen, die eifrig [...] , die unnachgiebigsten Gegner sind. [...] Systeme, die auf geheime Einverständnisse und Automatismen beruhen, sind aus der Sicht der Chaostheorie keine offenen kreativen Systeme. [...] ...dass letztendlich derjenige, der Kontrolle ausübt, kontrolliert wird - wer antritt, das System zu überwältigen, wird von ihm überwältigt. Man macht sich etwas vor, wenn man diese Systeme so behandelt, als seien sie etwas Separates, von uns Getrenntes.

Aber wenn es wahr ist, ..... dass diese ... Systeme durch das Netzwerk unseres Einverständnisses mit dem "Grenzzykel" zusammengehalten werden, impliziert dies, dass der Einfluss des einzelnen enorm sein muss. Daraus ergibt sich, dass man den eigenen Einfluss auf positive Weise nutzen sollte, um eine offene, kreative Umgebung zu schaffen. (Briggs & Peat "Chaos")

Freitag, 11. Juli 2014

"An Schwager Kronos" Goethe [Auszug]

Spute dich, Kronos!
Fort den rasselnden Trott!
Bergab gleitet der Weg;
Ekles Schwindeln zögert
Mir vor die Stirne dein Haudern.
Frisch holpert es gleich,
Über Stock und Steine den Trott
Rasch ins Leben hinein!

Nun schon wieder
Den eratmenden Schritt
Mühsam Berg hinauf!
Auf denn, nicht träge denn,
Strebend und hoffend hinan!

Weit, hoch, herrlich der Blick
Rings ins Leben hinein!
Vom Gebirg zum Gebirg
Schwebet der ewige Geist,
Ewigen Lebens ahndevoll.

Seitwärts des Überdachs Schatten
Zieht dich an
Und ein Frischung verheißender Blick
Auf der Schwelle des Mädchens da. -
Labe dich! - - Mir auch, Mädchen,
Diesen schäumenden Trank,
Diesen frischen Gesundheitsblick!

Donnerstag, 3. Juli 2014

Die dritte Rede des Elifas

Werde sein Freund und halte Frieden! Nur dadurch kommt das Gute dir zu.
Nimm doch Weisung an aus seinem Mund, leg dir seine Worte ins Herz:
  Kehrst du zum Allmächtigen um, so wirst du aufgerichtet. Hältst Unrecht deinem Zelt du fern,
  wirfst in den Staub das Edelgold, zum Flussgestein das Feingold, 
  dann wird der Allmächtige dein Edelgold und erlesenes Silber für dich sein.
  Dann wirst du am Allmächtigen dich erfreuen und zu Gott dein Angesicht heben.
  Flehst du ihn an, so hört er dich und du wirst deine Gelübde erfüllen.
  Beschließt du etwas, dann trifft es ein und Licht überstrahlt deine Wege.
  Wer hochmütig redet, den duckt er,
doch hilft er dem, der die Augen senkt.
  Er rettet den, der schuldlos ist; durch deiner Hände Reinheit wird er gerettet.

Ijob 22,21 - 30

Dienstag, 1. Juli 2014

Die Folgen des Kapitalismus

Nach Auffassung des Neoliberalismus, der viele Köpfe der Regierungen, Parlamente und der Wirtschaftsredaktionen der westlichen Welt beherrscht und ihren Verstand benebelt, ist Armut immer selbst verschuldet und die Folge von Faulheit und Dummheit. In Wirklichkeit sind Armut und Hunger gemacht und die Folge verantwortungsloser POLITIK:
  Einige wenige Beispiele:
- Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, aber auch die einfachen Textil- und Lederprodukte aus den Entwicklungs- und Armutsländern haben keine Chance gegen die hoch subventionierte westliche Konkurrenz.
- Der Kongo ist eines der an Bodenschätzen reichsten Länder der Welt. Die Ausbeutung dieser Schätze kommt so wenig der Bevölkerung zugute wie die Erlöse für das Öl, das seit zehn Jahren in der Mitte des Sudan gefördert wird, sondern fließt in die Taschen der jeweiligen Machthaber und die der westlichen Konzerne, die die Rohstoffe verarbeiten.
 - Durch eine gezielte Spekulation westlichen Großkapitals gegen die thailändische Währung Bath, eingeleitet durch New Yorker Großbanken, u. a. die Investmentbank Goldman Sachs, kam es 1997 im Dominoeffekt zu dem Zusammenbruch der Währungen der wichtigsten ostasiatischen Aufsteigerländer und zum bisher größten Desaster der Finanzgeschichte. Der Kapitalmarkt brach zusammen, und die inländischen Firmen wurden billig von den westlichen Großkonzernen aufgekauft. Der Internationale Währungsfonds IWF wurde von der US-Regierung mit stillschweigender Billigung der Europäer und der Japaner zum zentralen Schuldeneintreiber der westlichen Großbanken und Anleger umgewandelt und verhinderte mit seinen Instrumenten Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung eine rasche erfolgreiche Sanierung der betroffenen Staaten.

In Nicaragua setzten die IWF-Markttechnokraten die Entlassung von über 200 000 Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst und in den staatseigenen Unternehmen durch. Das gesamte Alphabetisierungsprogramm dieses Landes kam zum Stillstand. Stattdessen schufen die neuen Machthaber unter Anleitung der Weltbank die berühmt-berüchtigten Zonas-francas, d.h. Sonderwirtschaftszonen, in denen z.B. die internationale Textilindustrie steuerfrei und hinter Stacheldrahtzäunen abgeschottet Jeans und T-Shirts für den amerikanischen und europäischen Markt für Hungerlöhne von unter 50 US-Cent pro Stunde produzieren lässt. Inzwischen gibt es auf der Welt über 900 Zonen dieser Art von Mexiko bis Bangladesch - Zonen, in denen es weder Arbeitsrechte gibt noch Gewerkschaften. Eine der Näherinnen in Nicaragua sagte dem "Spiegel", die Arbeiter und Arbeiterinnen würden gehalten wie Sklaven.
[...]
... die Frage ist, warum die Kirchen den fälligen massiven Protest gegen diese brutale Form des Spätkapitalismus Organisationen wie Attac oder Amnesty International überlassen und sich nicht selber an die Spitze des Protestes setzen. Jesus hätte nicht nur die Tische im Tempel umgeworfen.

Quelle: "Was würde Jesus heute sagen", Heiner Geißler, 2003