Dienstag, 16. Dezember 2014

Thorwald Dethlefsen

Jede Haltung für oder gegen etwas ist eine Fixierung. Leben ist Rhythmus und somit Bewegung. "Alles fließt", sprach Heraklit. Fixierung aber verhindert Bewegung und ist somit lebensfeindlich. Mit jeder fixierten Meinung oder Ansicht, die ein Mensch auf irgendeinem Gebiet hat, verhindert er die Entwicklung. Würden wir uns ehrlich analysieren, so würden wir feststellen, dass wir fast ausschließlich aus solchen Fixierungen bestehen. Nichts scheint dem Menschen so schwer zu fallen, als seine Meinung zu ändern. 
  Jede menschliche Aussage kann immer nur einen Aspekt der Wahrheit ausdrücken. Um die ganze Wahrheit zu beschreiben, braucht man immer auch noch den Gegenpol. Somit ist jede Aussage über die Wirklichkeit eine Paradoxie, Eindeutige Aussagen über die Wirklichkeit kann es in der menschlichen Sprache nicht geben. Fehlt einer Formulierung die Paradoxie, so ist sie auf jeden Fall unvollständig und erfasst nur einen Teilaspekt. Dies wurde dem wissenschaftlichen Bemühen nach eindeutigen und widerspruchsfreien Aussagen zum Verhängnis. Zu voreilig belächelt man die widersprüchlichen Formulierungen der alten Weisheitslehren, wie beispielsweise des Tao te King oder der Alchemisten.

Wirklichkeit erkennen heißt lediglich, die Daseinsberechtigung aller Dinge anzuerkennen. Stellen wir uns gegen die Wirklichkeit, so ändern wir nichts an den objektiven Tatsachen, doch wir fühlen uns subjektiv schlechter. Denn jeder Druck gegen die Wirklichkeit erzeugt einen scheinbaren Gegendruck, den wir zu spüren bekommen. Der größte Teil des menschlichen Leidens besteht aus dem selbst ausgeübten Widerstand gegen die manifestierten Umstände.


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