Mittwoch, 22. Oktober 2014

Das Weltall ohne Mitte

Es scheint, als stünden wir im Weltall an einer ganz besonderen Stelle, nämlich dort, von wo aus alle Galaxien wegfliegen. Der englische Astrophysiker Sir Arthur Eddington formulierte einmal: "Was haben wir denn an uns, dass alle Galaxien vor uns Reißaus nehmen, als wären wir eine Pestbeule im Weltall?" Aber Eddington wusste, dass das nur ein Scheinproblem ist. Ein einfaches Beispiel zeigt das.
  Stellen wir uns vor, wir würden einen Hefekuchen backen. Der Teig ist fertig, es herrscht die richtige Temperatur, und er geht jetzt auf. Im Teig befinden sich Rosinen. Versetzen wir uns in die Lage einer Rosine, die ihre Mitrosinen beobachtet. Während der Teig aufgeht, bewegen sich alle von ihr fort, die entfernteren schneller als die näheren: doppelte Entfernung, doppelte Geschwindigkeit. Die Rosine beobachtet ein Hubblesches Gesetz. Daraus darf sie aber nicht schließen, dass sie in der Mitte des Teiges sitzt, denn jede Rosine beobachtet, dass alle anderen von ihr wegfliegen. So geht es auch uns: Aus der Tatsache, dass sich alle Galaxien von uns wegbewegen, dürfen wir nicht schließen, dass wir die Rosine in der Mitte der Welt sind.
  
Rudolf Kippenhahn, "Kosmologie"

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