Samstag, 22. Juli 2017
Essay über den Selbstmord
Wenn man wüsste, dass es danach irgendwo anders weitergeht, würde ich
sofort Schluß machen. Aber vielleicht ist das Ende wirklich das Ende.
Und warum soll ich etwas beenden, was ich habe, wenn ich danach nichts
mehr habe? Ist es nicht mehr kriegerhaft durchzuhalten, als sich zu
töten? Ist ein Selbstmord überhaupt ehrenwert? Denk an die Sklaverei und
all die verachtenswerten Weisen, wie Menschen leben mussten und
trotzdem durchgehalten haben. Ich könnte mir jetzt die Rasierklinge
nehmen und alles beenden. Ein paar werden noch an mich denken. Ein paar
Bilder sind irgendwo verstreut. Gedichte. Aber ich bin weg. Geister
gibt es nicht. Da ist nichts mehr. Ich glaube nicht, dass ich dann im
Himmel Kurdt Cobain und Jimi Hendrix treffe. Ich glaube, dann ist alles
vorbei. Wenn mir also dieses Leben gegeben ist, sollte ich mich mächtig
am Schlüpper reißen und versuchen das beste daraus zu machen. Und ich
gebe nicht mit einer Depression an. Ich finde es immer komisch, wenn man
sagt, er war depressiv darum hat er sich umgebracht. Wenn einen nichts
mehr fröhlich machen kann, hat man dann nicht total den Sinn des Lebens
verarscht? Die einfachen Freuden des Lebens, die nichts mit Geld zutun
haben. Jeder kann die haben und wer das Leben absolut nicht mehr
ertragen kann, was für ein Mensch ist er? Dann ist er sehr krank und
muss behandelt werden, bevor er sich wirklich noch das Leben nimmt. Aber
du bist niemand besonderes, weil du depressiv bist. Jeder ist mal
traurig. Natürlich habe ich auch große Träume und bin millionen
Kilometer davon entfernt, aber das heißt nur dass ich weiterkämpfen
muss. Und wer kein Kämpfer ist, der nimmt sich das Leben. Das ist meine
Meinung. Es bedarf natürlich Mut dazu, sich umzubringen. Aber man weiß
auch, es bedarf noch größerer Tapferkeit sich den Gewalten des Lebens zu
stellen. Im Sturm erkennt man, wer stark genug ist, standzuhalten.
Dann, auf deine alten Tage, wenn alle, die du geliebt hast, schon
gestorben sind und du merkst, du bist körperlich nicht mehr in der Lage,
das Leben zu genießen, sei es dir gegönnt, dich zu verabschieden.
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